Can't hold us down

Es ist Ende September. Ich habe dem Ende des Sommers skeptisch und fast schon ein bisschen panisch entgegen gesehen. Deadlines. Morgen gebe ich meine Unibewerbung ab. Ich bin so aufgeregt wenn ich daran denke. UCAS (Das System hab ich bestimmt an anderer Stelle schon erläutert?! Es geht um die Bewerbung an 5 britischen Unis.) will meine Zeugnisse, einen Aufsatz, ein Empfehlungsschreiben und alle persönlichen Daten  bis zum 15.Oktober, denn ich schiele da zu einem Studiengang an einer bestimmten, bekannten englischen Uni, die es sich vorbehält, die ersten Bewerbungen überhaupt zu bekommen. Die können sich das leisten. Das Universitäten-Büro der Schule erwartet meine Unterlagen 2 Wochen vor dem offiziellen Bewerbungsschluss, um genügend Zeit für eventuelle Rückfragen und Änderungen zu haben. Das hat man sich hier am UWC so angewöhnt: Man gibt den Schülern einen Abgabetermin vor, der weit vor dem offiziellen liegt, denn man hat mitlerweile gelernt, dass Schüler gerne trödeln und solche Pufferzeiten den"Kurz vor dem Lokus in die Hose"-Effekt verringern. Für mich ändert sich nichts. Ich liebe Deadlines. Ich liebe das Gefühl der Genugtuung, wenn ich rechtzeitig fertig bin. Wenn ich etwas abhaken kann. Heute habe ich zwei ganz entscheidene Häckchen setzen können! 1. Ich habe mein Theory of Knowledge (TOK) Essay planen können und das sog. Outline mit meinem Lehrer besprochen. Dieser Aufsatz ist Teil meines Abiturs und wird sich mit folgener Aufgabestellung beschäftigen: "Models are simplified representations of some aspect in the world. In what ways may models help or hinder the search for knowledge?" Hör sich einfach an? Nun ja. Nach einem Jahr TOK habe ich gelernt, und ich zitiere hier meinen Mathelehrer,"im Angesicht des Offensichtlichen ganz besonders vorsichtig zu sein."

2. Ich habe meine Unibewerbung abgeschlossen. Das läuft alles online und als ich in der Rubrik "Choice of University and Course" (Wahl der Universität und des Kurses) auf "Section completet" (abgeschlossen) geklickt habe und sofort ein kleines rotes Häckchen auf dem Bildschirm erschien, wurde ich schon etwas nervös.

Ich habe mich jetzt also entschieden, Psychologie zu studieren. Ob "Management und Psychologie", "Soziologie und Psychologie" oder einfach nur "Psychologie" ist noch offen. Die ersten Zwischenergebnisse, mögliche Einladungen zu Interviews, stehen im November an. Ob das das richtige für mich ist? Kommt Zeit, kommt Rat. Das Fach interessiert mich jedenfalls brennend. Aber natürlich bin ich mir unsicher, habe Zweifel und wage es kaum, zu hoffen, tatsächlich irgendwo angenommen zu werden. Aber im Lauf der letzten Monate ist mir klar geworden - und Gespräche mit meiner Freundin Josie aus England haben mich da um einiges weiter gebracht - dass es keinen Sinn hat, immer drei Schritte voraus zu planen, dass manche Dinge einfach auf einen zukommen, und man keinen Einfluss darauf hat. Es ist unglaublich ermüdend, immer nur für die nächste Sprosse auf der Karriereleiter zu arbeiten. Und macht auch nicht immer Sinn. Ich bin etwas gelassener geworden. Nicht etwa weniger ehrgeizig, aber weniger verbissen.

Ich bin gut gelaunt und spüre, dass nicht nur das Wetter ein Hoch hat. Till Eulenspiegel würde jetzt schon wieder an das nächste Tief denken. Solche Gedanken verdränge ich schnell. Was will ich denn mehr? Ich bin mit meinem Englischaufsatz fertig, der bis zum 10.10. eingereicht werden soll. Ich bin mit meinem TOK Outline fertig, dass bis zum 1.10. eingereicht werden muss. Ich bin mit meiner Bewerbung fertig, die bis zum 15.10. abgeschickt werden soll. Was will ich denn mehr?

Es bleibt Zeit für die Organisation von World Todays, Zeit zum Lesen (Focus, Bild der Wissenschaft, Zeit, gestern durch Zufall eine deutsche Cosmopolitan, "The Wars" von Timothy Findley), Zeit für einen langen Brief an meine kleine Schwester. Der Biotest heute ist gut gelaufen und ich konnte meine Lernphase im Biolabor gestern tatsächlich 20 Minuten für eine Folge "How I met your mother" (eine amerikanische Serie) unterbrechen. Ein Mitschüler hat sie auf großer Leinwand in einem der Naturwissenschaftsräume gezeigt und aus allen Löchern kamen mehr oder weniger müde, fleißige Schüler, die sich eine Pause gönnten und gemeinschaftlich die Komödie genießen wollten. Herrlich. Diese Woche ist ein guter Ausgleich für die ziemlich stringent geplanten letzten Wochen, während der ich sehr effektiv war. An meinem EE muss ich tatsächlich nur die Einleitung etwas verändern, die Sprache überarbeiten und einige Worte kürzen. Ich hatte mir das schwieriger vorgestellt. Meine Secondyears waren vor einem Jahr völlig gestresst und drohten, im Strom aus Deadlines zu ertrinken. So wie wir damals, machen sich meine Firstyears jetzt darüber lustig, dass wir Secondyears alles dramatisieren würden. Tun wir auf gewisse Art und Weise manchmal auch. Aber in jedem Mythos steckt auch ein bisschen Wahrheit: Das zweite Jahr UWC ist schulisch viel intensiver als das erste. Aber wenn man sich die Zeit gut einteilt, dann hat man sogar Zeit für Tagebucheinträge! :-)

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Hanne Soulis (Donnerstag, 30 September 2010 11:36)

    Meine liebe Angelika,

    es war mal wieder eine reine Freude, Deinen neuesten Blog zu lesen, als Journalistin hättest Du bestimmt auch eine Zukunft, obwohl auch mich Psychologie sehr interessiert.

    Und Glückwunsch zu den unterbotenen Deadlines - ist auch ganz meine Art, immer alles sehr rechtzeitig fertig zu haben, vermindert den Stress und Fehlerquellen.

    Dir weiterhin eine wunderschöne Zeit in Flekke und ganz viele liebe Grüße,

    Hanne