La Ballade Du Mois de Juin

Lieber treuer Homepagebesucher. Nur dass du es weißt: Ich liebe dich! Und ich war noch nie gut wenn es um sensible Liebeserklärungen geht. Glaub ich.

Ich bin wieder da. Zuhause? Nun, ich habe mitlerweile zwei Orte zu meinem Zuhause erkoren, wobei das eine momentan zwar schwerpunktmäßig mein Aufenthaltsort ist, aber langfristig im Leben der Angelika nicht als DAS Zuhause in die Geschichte eingehen wird. Jetzt bin ich jedenfalls in Bielefeld, sitze am Küchentisch und schlürfe ein Glas Edeka Orangensaft, das man hier in Tetra Paks aufbewahrt. Ich hatte die Existenz einer solchen Aufbewahrungsform für Orangensaft völlig ausgeblendet und musste nach einem Jahr UWC mehr oder minder mühsam die Synapse O-Saft - Sonntagsbrunch wieder auflösen.

Drei Wochen der Ferien sind schon um, aber mich überraschen mitleweile Tempowechsel der gefühlten Zeit nicht mehr.

Was macht also ein UWC-Schüler im Leerlauf? Ferien. Meine Mutter nennt das "Unterrichtsfreie Phase". Ich habe schon lange nicht mehr so viel geschlafen, kann mich endlich wieder zum Sporttreiben aufraffen, Male und komme auch vom Lernen nicht endgültig weg. Auch wenn mein interaktiver Kalender mich permanent daran erinnert, dass ich heute keine Termine habe, steht doch schon bald wieder das IB auf der Matte und bettelt um Zuwendung. Ich habe meine mündliche Deutschprüfung Mitte Juli plaziert, bis eben jedoch galt meine ganze Aufmerksamkeit dem EE, dem Extended Essay. 

Ein Monster? Als ich vor einem Jahr am Campus ankam, hatte es seine schleimigen Spuren an jedem Schreibtisch hinterlassen und je näher der November kam, desto größer wurde das Ungeheuer. Wachstumsfördernd war zweifelsohne die überzogene Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wurde, und das Näherrücken einer immer wieder verdrängten Deadline. Sogar Firstyears wurden vom EE-Virus befallen und machten sich frühzeitig Gedanken zu Hypothesen und Themen ihrer Facharbeit.

 

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass auch mich das EE fasziniert hat. Angst habe ich davor nicht, denn es ist nicht die erste 4000 Wörter Facharbeit, die ich schreibe. 3.884 Wörter waren es damals in der 9. Klasse zum Thema Downsyndrom und ein Jahr später sogar 6.882 Wörter über den Israel-Palästina Konflikt. Wer mich kennt weiß, dass ich nicht gerne da stehen bleibe, wo ich vor drei Jahren schon war, sondern akademisch immer wieder eine Herausforderung suche.

Ich schreibe mein EE jetzt auf norwegisch. Es geht ja "nur" um Extrapunkte im Abitur und die sind wirklich nicht das allerwichtigste. Aber wenn ich schon aus Traditionsgründen so viel Wirbel um mein EE machen soll, dann muss das auch gut begründet sein. Zugegeben: Es ist ein ziemlich zähes Unterfangen, pausenlos Lexika zu benutzen. Das Angebot an Nynorsk-Deutsch/Deutsch-Nynorsk Wörterbüchern ist aber auch mehr als dürftig. Könnte man da eignetlich mal eine Anfrage bei Pons starten?!

 

Ein richtiger Höhepunkt meiner Ferien war das Treffen (fast) aller momentanen deutschen Stipendiaten in Fronhausen. Ich erinnere mich noch so gut daran, als Zero-year, also als noch-nicht-ganz-UWCler, die großen Firstyears (fast Secondyears) bestaunt zu haben. In diesem Jahr war ich selbst als großer UWC-Stipendiat dabei und konnte ein bisschen von meiner Erfahrung weiter geben. Dennoch, das Treffen war ein richtiges, ein beglückendes Geben und Nehmen. Der UWC-Spirit hat neue Baterien bekommen und leuchtet noch viel heller als vorher.

Ein lustiges Phänomen ist, dass die neue Stipendiatengeneration meinem Jahrgang so ähnlich sieht und man sich in vielen von ihnen wiedererkennt.

Das Schönste war jedoch, meine Coyears zu treffen und zu hören, was für unterschiedliche Erfahrungen sie im vergangenen Jahr gemacht haben. Die verschiedenen Colleges unterscheiden sich untereinander doch stark. Sie mögen alle auf der selben Idee und den selben Idealen basieren, aber wie gut man diese Ideen umsetzen kann ist stark vom Umfeld der Schulen, von Spendengeldern von der Zusammensetzung des Schülerkörpers abhängig.

 

Das angedachte UWC in China läuft sicherlich Gefahr die Ideale wie Demokratie und Meinungsfreiheit in den Hintergrund stellen zu müssen um von der Regierung anerkannt zu werden.

 

Aber über sowas mache ich mir heute keine Gedanken mehr. Heute habe ich die ersten Schnipsel meines EEs an meinen zuständigen Lehrer in Norwegen geschickt und anstatt sofort in "Irrungen Wirrungen" einzutauchen gönne ich mir lieber eine Erfrischung im Schwimmbad. Ein Fjord wäre mir noch lieber.

 

glg

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